: HISTORIE
PREUSSISCHER
KLASSIZISMUS IN CELLE
NEUES ZUR BAUGESCHICHTE DER REITHALLE AUF DEM LANDGESTÜT CELLE.
Von Eckart Rüsch
D
as wohl prächtigste Gebäude auf demGelände des
traditionsreichen Landgestüts Celle ist die klassi-
zistische Reithalle
(Abb. 1)
, deren Baugeschichte
bis heute Rätsel aufgibt. Forschungen des Autors haben
einige Fragen lösen können, wovon imFolgendenAuszüge
mitgeteilt werden.*
Reithallen und Exerzierhäuser zählten bis Ende des 19.
Jahrhunderts zu repräsentativen öffentlichen Bauvorha-
ben und stellten darüber hinaus für Architekten und Zim-
merleute eine besondere Herausforderung dar: Neben
der baukünstlerischen Bewältigung des großen Bauvolu-
mens war der erforderliche stützenfreie Innenraum eine
technische Schwierigkeit, denn dazu wurden hölzerne
Dachkonstruktionen mit sehr weiten Spannweiten benö-
tigt. Die lichte innere Dachspannweite der Landgestüts-
Reithalle in Celle beträgt 18,44 Meter. Die Konstruktion
gehört damit zu den amweitest gespannten Dachwerken
Niedersachsens, die aus der Zeit vor demAufkommen der
Ingenieurholz- oder Eisenkonstruktionen erhalten sind.
Die klassizistische Reithalle ist die zweite auf dem Land-
gestüt. Eine barocke Fachwerk-Reithalle entstand 1792
auf dem nördlichen Landgestütsgelände an der Jäger-
straße. Sie ist in verändertem Zustand erhalten, nach-
dem sie im 19. Jahrhundert zu Ställen umgenutzt wurde
und heute als Kutschenhalle dient. Die im Mittelpunkt
dieses Beitrags stehende Reithalle auf dem südlichen
Landgestütsgelände an der Spörckenstraße entstand
in den Jahren von 1838 bis 1842. Sie war und ist bauli-
cher Mittelpunkt des seit den 1820er Jahren großzügig
angelegten Gestütsneubaus, der auf Befehl des hanno-
verschen Königs Ernst August unter dem Landgestüts-
Chef Vizeoberstallmeister August Freiherr v. Spörcken
(1778–1851) und ab 1839 unter dessen Bruder Friedrich
v. Spörcken (1790–1871) entstand.
Abb. 1:
Die klassizistische Reithalle auf dem Landgestüt Celle, hier fotografiert von Osten aus mit der Giebelfassade
des Haupteingangs und der Längsfassade zum sogenannten Paradeplatz. (Foto: E. Rüsch, 2015)
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